Medien und ihr Umgang mit dem Nutella-Gate

Montage Screenshot von bild.de, spektrum.de und zeit.de
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Die wollen uns Nutella verbieten! Vor etwa vier Wochen rief die französische Umweltministerin Ségolène Royal im Fernsehen auf, Nutella nicht mehr zu essen. Das darin enthaltene Palmöl sorge beim Anbau für große Umweltschäden. Ein Thema wie gemacht für eine gute Nachhaltigkeitsberichterstattung. Doch die deutschen Online-Medien behandelten das Thema erschreckend kurz und oberflächlich. Bis auf eine Ausnahme.

Es ist nun ziemlich genau einen Monat her, da sorgte die Aussage der französischen Umweltministerin Ségolène Royal für Furore, man solle kein Nutella essen, denn dieses enthalte Palmöl. Die Empörung folgte prompt und zwar nicht nur von Ferrero selbst, sondern auch und gerade von Nutella-Liebhabern. Diese sahen sich einen Tag später in ihrem Protest bestätigt, denn die Ministerin ruderte zurück und entschuldigte sich dafür, dass sie offenabr über das Ziel hinaus geschossen war.

Und was haben die Medien aus diesem Thema gemacht? Aus einer Nachhaltigkeitsperspektive muss man leider sagen: So gut wie nichts. Dabei war der Boykott-Aufruf wie geschaffen dafür, einmal seriös über die eine Vielzahl von Themen zu berichten. Zum Beispiel über die Produktion von Palmöl und deren katastrophalen Auswirkungen auf die Menschen, Tiere und die Natur vor Ort. Oder über unternehmerische Verantwortung oder die Tatsache, dass Unternehmen die Kosten (zum Beispiel durch den Raubbau an der Natur) auf die Allgemeinheit abwälzen, die Gewinne aber selbst einstecken. Oder man hätte über den RSPO aufklären können oder ein Ratgeberstück produzieren können, wie der Verbraucher am besten mit dem Thema Palmöl umgeht. Oder, oder, oder.

Hier ist eine kleine Auswahl, wo und wie über den Nutella-Boykott berichtet wurde.

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Eine erste Bilanz: Es ist bedauerlich, wie kurz und oberflächlich über das Thema Nutella und Palmöl berichtet wurde. Die meisten Medien reduzieren das Thema auf den Boykott-Aufruf, die Statements von Ferreo und Greenpeace und die Entschuldigung von Royal. Insgesamt entsteht beim Zuschauer/Leser folgendes Bild: Eine Politikerin will uns unser geliebtes Nutella wegnehmen. Zum Glück hat sie das nach unserem Protest selbst bemerkt und sich entschuldigt. Alles also eine Schnapsidee und weiter geht es. Über all die oben genannten Themen wurde so gut wie nicht geschrieben.

Erfreulicherweise gab es noch den exzellenten Kommentar von Daniel Lingenhöhl auf spektrum.de, der deutlich mehr Tiefgang hatte und gleich verschiedene Aspekte thematisierte: die katastrophalen Auswirkungen des Anbaus der Ölpalme, die Macht des Verbrauchers und vor allem, warum der Aufruf Royals kontraproduktiv ist und welche besseren Möglichkeiten die Ministerin hätte. Doch leider ist dieser Beitrag von Lingenhöhl eine rühmliche Aussnahme.

Was fast allen untersuchten Beiträgen fehlt:

  • eine tiefergehende Erklärung, was Palmöl ist, wo und wie es produziert wird und wofür es verwendet wird
  • tiefergehende Informationen, welche Konsequenzen der Anbau hat 1. in den Anbauländer und 2. für den Rest der Welt
  • was es mit dem RSPO wirklich auf sich hat
  • welche Unternehmen am meisten Palmöl verwenden
  • eine Einordnung der Thematik auch in Bezug auf unternehmerische Verantwortung oder die externen Kosten
  • Informationen für den Verbraucher, wie er mit dem Thema im Alltag umgehen kann

Fragen, die man über Nutella zudem unbedingt hätte stellen müssen:

  • Was genau verbirgt sich hinter den Aussagen von Greenpeace, „Ferrero sei mit am fortschrittlichsten“?
  • Wie sehen die Bemühungen von Nutella tatsächlich aus und wie ist der aktuelle Stand?
  • Was steckt denn noch alles in Nutella und wie sieht es mit diesen Zutaten in Bezug auf Nachhaltigkeit aus?
  • Welche Siegel hat Nutella, welche nicht und warum?
  • Warum ist Nutella kein Bio-Produkt?

Fazit: Der Boykott-Aufruf war eine hervorragende Gelegenheit, verschiedene Nachhaltigkeitsaspekte rund um das Thema Palmöl anzusprechen und Hintergrundberichterststtung zu liefern. Stattdessen entschieden sich die untersuchten Medien für die schnelle Schlagzeile und gegen eine Einordnung des Themas. Am Ende bleibt das Bild einer Schnapsidee einer französischen Ministerin und das Gefühl, dass man bevormundet werden sollte.

One thought on “Medien und ihr Umgang mit dem Nutella-Gate

  1. Warum sollen wir „einfachen“ hart arbeitenden Menschen selber über Themen und Geschehnisse nachdenken wenn uns RTL, Bild und co. sogar Politiker vorgeben was richtig ist und somit wunderschön im Schwarm der Ahnungslosen mitschwimmen. Wir sind FAUL. Und das ist gut so. Schließlich arbeiten und leisten wir heute mehr denn je in der Geschichte das wir einfach keine Zeit dafür haben über den Tellerrand zu schauen.

    Danke an diese Seite.

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